»LIMONOW«


von
Emmanuel Carrère



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So ein Dreckskerl

Georg Diez

In dem bunten und verzweifelten Haufen von Oppositionellen in Russland ist Eduard Limonow der vielleicht Bunteste und Verzweifeltste: ein Nationalbolschewist, ein Desperado, aber auch ein großartiger Schriftsteller.

Eduard Limonow, der Herumtreiber, der Säufer, der Hosenschneider, der Schriftsteller, der Soldat, der Politiker, der Liebende, der Leidende, der Hassende, das Großmaul, der kleine Dreckskerl, Eduard Limonow, der sich selbst Editschka nennt, ist heute schlechter Laune.

«Ich hasse es, euch Ausländern Russland zu erklären», sagt er. «Ihr versteht es eh nicht.»

Er sitzt auf einem Bürostuhl in einer kleinen, aufgeräumten Wohnung am Moskauer Lenin-Prospekt, er sitzt da nach vorn gebeugt, seine Haare sind grau, an den Seiten kurz geschnitten und oben länger, er trägt eine Hornbrille und schaut aus wie ein New-Wave-Popper in Rente.

Dabei ist er ein Benzinkanister auf der Suche nach einem Streichholz.

«Also gut», mault er, «fragen Sie.»

Bereuen Sie etwas, Herr Limonow?

«Was?»

Irgendwas. Die Liebe, den Hass, den Krieg?

«Ich habe nie einen Zivilisten erschossen, wenn Sie das meinen. Ich habe mich immer untadelig verhalten.»

Gibt es richtig und falsch im Leben?

Limonow lacht. Was für ein Idiot, denkt er sich wahrscheinlich.

«Ich bin ein Mann der Würde, nicht ein Mann der Moral. Mein Wertesystem habe ich auf der Straße entwickelt und dann im Gefängnis perfektioniert.»

Sie haben viele Feinde.

«Mein Feind ist der Staat», sagt Limonow, ein Satz wie eine kleine Explosion, weil er so entschieden ist, so ausweglos.

Limonow mag seine Sätze. Limonow mag sein Leben. Limonow mag es, dass er für sein Schreiben verehrt wird und für seine Politik verachtet. Er ist in dem bunten, verzweifelten Haufen der russischen Opposition gegen den Machtzwerg Putin der vielleicht Bunteste und Verzweifeltste. Er war Vorsitzender der in den neunziger Jahren gegründeten Nationalbolschewistischen Partei, die Kommunismus und Nationalsozialismus symbolisch verschmelzen und ein großrussisches Reich gründen wollte, die eine Fahne hatte, die verdammt an die der NSDAP erinnerte, und 2005 verboten wurde. Er wurde immer wieder festgenommen und verhört, vor Pussy Riot, nach Pussy Riot, er machte weiter, er ist ein Revolutionär auf der Suche nach der Revolution.

Aber im Russland Putins ist noch der irrste Desperado ein Hoffnungsträger.

Limonow mag Linksextreme und Rechtsextreme, weil die nicht so langweilig sind wie die in der Mitte. Er mag den Krieg, weil der nicht so langweilig ist wie der Frieden. Er mag den Sex, meistens mit Frauen, wenn es sein muss, auch mit Männern. Er mag Feinde, was wäre er ohne Feinde?

Es gefällt ihm, dass er stets der Außenseiter war. In Charkow Anfang der sechziger Jahre, wo sein Vater bei der Staatssicherheit war und er saufend und raufend durch die Straßen zog. In Moskau in den frühen siebziger Jahren, wo die Avantgarde-Literaten ausgebeulte Tweed-Sakkos hatten mit Schuppen auf den Schultern und er sich seine sexy Hosen selbst schneiderte. In New York Mitte der siebziger Jahre, wo niemand von den Dissidenten-Deppen und den Kapitalismus-Ärschen sein Genie erkannte und er zum Trotz in der Gosse lebte. In Paris in den achtziger Jahren, wo er endlich ein Star war, zum Teufel noch mal!

«Klar», sagt er, «ich hätte ein Leben als gefeierter französischer Schriftsteller führen können, noch ein pädophiles, alkoholabhängiges Mitglied der Academie Française — aber das wollte ich nicht.»

Also ging er 1991 zurück nach Russland — um zu kämpfen. Dass die Sowjetunion zerbrach, sollte er dem Westen, sollte er Gorbatschow, Jelzin und Putin nie verzeihen. Es war eine gigantische narzisstische Kränkung, für Limonow und damit stellvertretend für das ganze russische Volk — er verarbeitete diese Kränkung, indem er mit den Serben gegen Bosnier und Kroaten kämpfte, er versuchte, die russische Regierung erst mit Gewalt zu stürzen und dann mit Wahlen: und landete dafür jeweils im Gefängnis.

Und dass nun der Franzose Emmanuel Carrère ein Buch über sein Leben geschrieben hat, in Frankreich preisgekrönt und bislang über 300.000-mal verkauft, mit dem einfachen, epischen Titel «Limonow» — das findet er natürlich normal.

«Mein Leben ist ein Abenteuer», sagt Limonow. «Die Franzosen lieben das: Kerle, die ein gefährliches Leben führen. Jemand wie Jean Genet. Aber die politische Korrektheit hat auch das vernichtet. Wir erleben einen Genozid der Helden.»

Genozid der Helden: Der Text mit diesem Titel, den er 1989 für die Pariser Zeitschrift «L’Idiot international» schrieb, war ein, so lautete der Untertitel, «bedingungsloser Aufruf zur Revolte». «Warum liebt und verherrlicht die ganze Welt die Opfer: die Sträflinge bei Solschenizyn oder die Opfer von Auschwitz», fragte er da — und hatte natürlich eine Antwort parat: «Unsere demokratische» Zivilisation ist ein wunderbares System für Behinderte, Kinder, Alte, schwangere Frauen und all die Menschen ohne Talent und ohne Energie. Die Demokratie ist ein Paradies für schwache und mittelmäßige Menschen und zerstört systematisch die Besten.» Man muss es an dieser Stelle einmal sagen: Limonow ist ein Scheusal. Er hasst den Westen und seine Werte, er wünscht ihm das Üble und den Untergang: «Meine weißen europäischen Brüder», schrieb Limonow 1991 in «L’Idiot international», «ihr seid Kannibalen, naiv und grausam. Ihr seid arrogante Narzissten, unzivilisiert und schlecht erzogen. Eines Tages werdet ihr für diese Arroganz und diesen Kannibalismus teuer bezahlen, glaubt mir. Die Welt hasst euch mehr und mehr...»

Man muss aber auch sagen: Limonow schreibt Bücher von großer Schönheit, Kraft und Wahrheit, «ehrlich bis zur Ekstase», wie er selbst das nennt. Da ist zum Beispiel der Anfang seines bekanntesten Romans, des auch auf Deutsch erschienenen Punk-Pop-Post-Prä-Sowjet-Klassikers «Fuck off, Amerika» aus dem Jahr 1976, im Original schöner: «Ich, Editschka», ein raues, sentimentales, aggressives, präzises Stück Leben, wahr oder nicht, großartig geschrieben und in Russland bis heute etwa zwei Millionen Mal verkauft.

«Wenn Sie mittags zwischen eins und drei die Madison Avenue entlangschlendern, versäumen Sie nicht, dort, wo die 55. Straße kreuzt, zu den schmutzigen Fenstern des Hotels Winslow hinaufzusehen. Da oben, im sechzehnten Stock, können Sie mich auf einem der drei Balkone stehen sehen, meist halbnackt, manchmal auch ganz nackt. Ich esse um diese Zeit meine Kohlsuppe und genieße dabei die Sonne. Borschtsch ist meine Hauptnahrung. Wenn ein Topf leer ist, kommt der nächste dran. Ich esse praktisch nichts anderes. Der Holzlöffel, den ich dazu benutze, stammt noch aus Russland. Er ist mit goldenen und schwarzen Blumen bemalt.»

Was so friedlich, fast sentimental beginnt, ist eine einzige, große Abrechnung: mit dem Kapitalismus, der alle zu Huren macht, mit seiner Frau, der schönen, begehrenswerten Elena, die die größte Hure von allen ist und ihn sitzenlässt, mit den anderen Russen in New York, weil sie mitten im Kalten Krieg nicht sehen, dass der Westen sie verknechtet, mit dem späteren Literaturnobelpreisträger Joseph Brodsky, weil der mehr Ruhm hat als er, mit sich selbst, weil ihm seine Frau davongelaufen ist und vor allem, weil er weniger Ruhm hat als Joseph Brodsky.

Dabei ist doch er, Editschka, der beste Liebhaber, der beste Schriftsteller, der wütendste Mensch diesseits des Ural.

«Während ich die Überreste eurer Mahlzeiten entferne», schreibt er in «Fuck off, Amerika», «treibt ihr es mit meiner Frau, und das nur wegen dieser Ungleichheit, die es so eingerichtet hat, dass sie euch eine Möse verkaufen kann und ich nicht, dachte ich. Ich werde eure Welt und euch Nullen zerstören.»

Es war dieser Hass, der Limonow antreibt, es ist dieses Wüten, das Carrère faszinierte und sein Buch schreiben ließ.

«Ich lebe in einem ruhigen, abweisenden Land, das soziale Mobilität nur begrenzt zulässt», so beschreibt Carrère sein Motiv für dieses Buch: Da ist er, Sohn der großbürgerlichen Pariser Elite, getragen von gepflegtem Selbstzweifel, zum Selbsthass mag er sich nicht aufraffen.

«Limonow dagegen», heißt es neidvoll, «war ein Kleinkrimineller in der Ukraine, ein Idol des sowjetischen Undergrounds, Obdachloser, Kammerdiener eines Milliardärs in Manhattan, Starschriftsteller in Paris, ein Soldat, der sich in den Balkanraum verirrte, und jetzt, in diesem heillosen Chaos des Postkommunismus, ist er der alte, charismatische Chef einer Partei von jugendlichen Desperados.»

Limonow und sein «romanhaftes, gefährliches Leben», so sieht es Carrère, steht für etwas, erzählt etwas: «Nicht nur über ihn, Limonow, und nicht nur über Russland, sondern über unser aller Geschichte seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Etwas, ja, aber was? Ich beginne dieses Buch, um es zu begreifen.»

Und so erzählt Carrères «Limonow» einerseits von einem russischen Jungen in der Provinz, der, wie Carrère, Jules Verne und Alexandre Dumas liest und sein Leben irgendwann mit einem Roman und sich selbst mit d'Artagnan verwechselt und sich das Pseudonym Limonow sucht, was auf einen russischen Begriff für Handgranate anspielt — und andererseits versucht sich Carrère einen Reim zu machen auf die ideologischen Bocksprünge dieses wirren, flirrenden Denkers in seiner Zeit.

Carrère ist in Frankreich ein Star, ein Meister des biografischen und erzählenden Sachbuchs — und fast immer ist es der Wahn, der ihn in seinem Schreiben beschäftigt: Sein Buch «Amok» (2001) schildert, wie ein französischer Arzt ohne abgeschlossenes Medizinstudium seine Familie und seine Freunde so lange belügt, bis er keinen anderen Ausweg mehr sieht, als seine Frau und seine Kinder umzubringen. Und im bislang nur auf Französisch erschienenen großartigen «Roman russe» (2009) erforscht Carrère ganz konkret und bis an die Grenze des Exhibitionismus seine eigene Faszination für den Schock, aber auch die Wahrheit, die im Wahn und im Wahnsinnigen liegt.

Und so ist «Limonow» für Carrère, der selbst vom russischen Hochadel abstammt und dessen Mutter eine bekannte Russland-Historikerin ist, eine sehr persönliche Angelegenheit. Limonow, der anhimmelnd über Mussolini schreibt und die Demokratie für «das System des Bösen» hält, ist dabei für Carrère der Widersacher, mit dem er ringt, um sich selbst und auch den Westen besser zu verstehen: Er bewundert ihn nicht dafür, dass er sich vor Liebeskummer die Pulsadern aufschneiden will oder sich von einem Schwarzen in den Hintern ficken lässt, er entschuldigt nicht die faschistische Faszination der Nationalbolschewistischen Partei — er beschreibt einfach Limonows sehr spezielle Form der Psychopathologie.

«Ich habe zu ihm gesagt: Mach, was du willst», sagt Eduard Limonow, der Carrère noch aus Paris kennt, aus den ideologisch wilden achtziger Jahren. «Dann habe ich vergessen, dass es ihn gibt. Ich habe vergessen, dass es das Buch gibt. Ich habe es später gelesen, aber nicht ganz. Ich werde ihm auch nicht sagen, wie ich das Buch finde. Ich werde es auch Ihnen nicht sagen. Aber eines ist klar: Carrère hat einen Mythos geschaffen, den Mythos Limonow. Und das ist gut für mich. Er hat mich dem Westen erklärt.»

An den Wänden der kleinen Wohnung hängen die Bilder seines Lebens, Fotos von seiner Mutter, einer dunkelhaarigen Schönheit, vom bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic, mit dem er auf das belagerte Sarajevo ballerte, vom Schachweltmeister Garri Kasparow, der bis vor einem Jahr sein Partner war in der Oppositionsbewegung «Das andere Russland», von dem Haus in den Bergen, weit weg von Moskau, wo er gefangen genommen wurde, weil er, so hieß es, separatistische Aktivitäten geplant habe.

Er kam dafür ins Gefängnis — «ich hatte Glück», sagt er, «dass ich in meinem Leben die vier Erfahrungen machen durfte, die ein Mann machen muss: Gefängnis, viele Frauen, Exil und Krieg. Besonders Krieg. Männer lieben Krieg. Alle großen Schriftsteller waren im Krieg. Krieg ist ein existentielles literarisches Erlebnis, Krieg zeigt dir das Beste und das Schlechteste im Menschen.»

An der Wand hängt auch ein Foto seiner Kinder, vier und fünf Jahre alt, von der Mutter, einer Schauspielerin, ist er schon wieder geschieden. In den Texten, die er 2010 in der deutschen Zeitschrift «Krachkultur» veröffentlichte, beschreibt er eine seiner Geliebten, Mascha, die 17 war, sie hat «auf Kundgebungen und bei Protestaktionen gefroren, wie alle anderen haben dich die Bullen verprügelt und in den U-Haft-Käfig geworfen.»

Aber Mascha ist tot. «Du hattest eine kleine Schramme auf der Stirn, ich küsse dich auf diese Schramme, mein Mädchen, Verwesen und Verschwinden sind nicht schrecklich, das sind ja nur Formen des Seins, Existenzformen, nicht mehr», schreibt Limonow und schließt seinen «Brief an eine Parteigenossin im Jenseits»: «Hier, ich führe meine Hand zur Nase, und die Hand riecht nach deiner jungen, dreisten Möse. Darum schlafe sanft, unser Kampfgenosse.»

So schreibt er, so ist er, der «kleine Dreckskerl», so heißt einer der frühen Romane von Limonow, die nun in Frankreich nach und nach wieder veröffentlicht werden. Sein neues Buch handelt von den Propheten Mose und Mohammed, die in Wahrheit eine Person waren, von der Verschwörung, die Jesus angezettelt hat, und vom Unsinn des Darwinismus.

«Unser Schöpfer hat uns gemacht, weil er unsere Seelen braucht», sagt Limonow. «Er verachtet das Fleisch. Er isst unsere Seelen.»

Fit wirkt er, selbst im Gefängnis hat er immer Kraftübungen gemacht, fit wirkt er besonders, wenn man bedenkt, dass er früher den Alkoholrausch nicht in Gläsern oder Litern, sondern in Tagen gemessen hat.

«Die Stunden verstreichen langsam, und man erzählt sich irgendwelchen Unsinn, verscheucht mit schlaffer Hand die Wolken von Mücken, die im Juli über dem versandeten Fluss schwirren, stürzt lauwarmen Wodka hinunter und isst kleine Speckstücke dazu», das war Limonows Jugend, wie Carrère sie beschreibt: der «Sapoj», wie das mehrtägige Saufen heißt. «Alle vier sind betrunken, aber sie haben die für den ersten Tag des Rauschs typischen Aufs und Abs bereits hinter sich und sind in dem finsteren, sturen Stumpfsinn angekommen, mit dem der Sapoj den Rhythmus eines Kreuzfahrtschiffs aufnimmt.»

So war das, in der Sowjetunion, die Limonow genug hasste, um auszuwandern — und die er heute anders, positiver sieht: «Ich bewundere die Sowjetunion, so wie andere das antike Rom bewundern», sagt er: «Auch Rom war blutig, auch Rom war militaristisch.»

1990 schrieb er: «Was sich in der Sowjetunion abspielt, gleicht immer weniger einem politischen Wandel und immer mehr einem Drama wie von Dostojewski, hysterisch und selbstmörderisch.» Gorbatschow habe den «Kollektiv-Geist der Russen» erledigt, ohne etwas Neues an seine Stelle zu setzen — und so sei die einzig verbleibende Ideologie der «Menschenrechts-Absolutismus» des Westens.

Putin hasst er dafür, dass er das Spiel der Reichen spielt, die Russland ausgeplündert und aufgeteilt haben — und die nun Angst haben, in einer Demokratie könnte man ihnen ihren Reichtum wieder wegnehmen. Die Dissidenten, die Lieblinge des Westens wie Sacharow und Solschenizyn, verfolgte er früher mit einer Mischung aus Verachtung und Verfolgungswahn — das Urteil gegen Pussy Riot, die zurzeit berühmtesten Gefangenen Russlands, ist für ihn «eine Grimasse unserer Zeit, wir leben in einer archaischen Gesellschaft».

Er jedenfalls wird nie aufhören zu kämpfen. «Natürlich können wir uns treffen», hatte er auf die Interview-Anfrage geantwortet, «wenn ich dann nicht gerade im Gefängnis bin.»

Was wäre Limonow ohne Russland: ein Mann ohne Herz und Ziel. Was wäre Russland ohne Limonow: ruhiger, friedlicher, komatöser.

Gerade droht ihm mal wieder eine Geldstrafe, er rechnet mit 200.000 Rubel, knapp 5.000 Euro wären das dafür, dass er am 31. Juli, wie seit fast drei Jahren an jedem 31. eines Monats, für das Recht auf Versammlungsfreiheit demonstrierte. Als er zur Präsidentenwahl nicht zugelassen wurde, zog er vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. «Acht Mann aus meiner Organisation sind im Gefängnis», sagt er.

Es ist heiß im Zimmer, Limonow öffnet das Fenster, der Lärm der Stadt dringt herein. Im Nebenzimmer wartet ein Typ, groß, glattgeschorener Kopf, freundliches Gesicht. Seit Limonow vor ein paar Jahren brutal zusammengeschlagen wurde, geht er nirgendwohin ohne Schutz.

Der Bodyguard ist auch am nächsten Tag dabei, als Limonow vor Gericht erscheint, ein kleiner Saal, ein paar Journalisten sind da, ein paar Kamerateams. Der Richter schaut aus wie eine Putin-Puppe, die man stark aufgeblasen hat. Eigentlich müsste er Fäden an den Armen haben, wie alle Marionetten. Er redet leise, so machen das die Männer mit Macht.

Wenn Limonow ihn verachtet, dann zeigt er das nicht. Die Strafe von 12.000 Rubel ist eher niedrig. Limonow verlässt den Saal als Sieger.

Vielleicht gibt es nur in Russland solche Figuren: jemanden, der ständig aus irgendeinem Kellerloch gekrochen kommt, das er für den Olymp hält.


«Der Spiegel», #37, 10. September 2012

Eduard Limonow

Original:

Georg Diez

So ein Dreckskerl

// «Der Spiegel» (de),
#37, 10.09.2012